LEL-Vorbereitung

2021 / 22

 

LEL 2022 unglaublich

Was eine herrliche Veranstaltung! Super nette Menschen, abwechslungsreiche, nie gesehene, schöne Landschaften, andere Baustile, gute Organisation, meist gute bis leidliche Straßen, meist tolle Verpflegung, klasse Track, …..

Im Vorfeld

Nach PBP 2019, war LEL-2021 irgendwie auf dem Programm aber das verschob sich durch Corona ordentlich, wie auch das Austragungsjahr. Im Frühjahr 2022 kam dann die Anmeldung zum Lostopf und ziemlich schnell im Rennrad News Forum der Hinweis, dass Corona bedingt jedeR im Lostopf auch einen Startplatz bekommt. Mit Angst vor der eigenen Courage bei meinen Brevet Fahrern nachgefragt - ergab sich ein Duo!

Die Fragen nach Transportmittel, Unterkunft, Taktik und Equipment wurden entschieden gemäß unseren Bedingungen und entsprechend die Drop Bags gleichmäßig verteilt. Details dazu unten

Wegen längerer Krankheit bis fast an das Brevet heran ergaben sich nicht nur konditionelle Defizite, auch das neue Rad konnte nicht wirklich getestet werden. Mit krachender Kette und dürren Beinen am Start waren die Sorgen groß … . So wie mensch es laut Brevet-Lehrbuch (erste Seite ;) nicht machen sollte!

Resümee

Ich traue es mich kaum, das zu schreiben, aber gefühlt war es „locker“ LEL 2022 in der Maximalzeit von 125 + x Stunden mit der Streckenverlängerung (1500 + 25 km) zu schaffen. Dabei war die Strecke alles andere als einfach. Durch einige kürzere und ein langes Flachstück (Fens) auf Hin- und Rückweg gab es ansonsten viele, meist kürzere, stärke Steigungen/Rampen, die sich uns in den Weg stellten. Der Höhepunkt war das Schieben und deshalb fluchen Müssen hoch zum höchsten Punkt, der Umleitung von Yad Moss (Höchste Erhebung der Originalstrecke) in den Pennies. Dabei haben wir insgesamt ca. 14000 Höhenmeter absolviert.

Das Gefühl wird vor allem gespeist durch die vielen Stunden, die wir geschlafen haben, mindestens 4 pro Nacht. Unsere durch die geringe Vor- und Nachlaufzeit bedingte Taktik war es, keine Nacht durchzufahren, sondern im Gegenteil, nur selten im Dunklen auf dem Rad zu sitzen. Der Tag war unsere Hauptreisezeit, wo wir uns dafür nur selten eine Pause außerhalb der Kontrollen genommen haben. Ja, die Idee hatten einige, so dass es an den ersten Kontrollen schon auch voller war.

Ein weiterer Grund waren die unglaublichen Wetterbedingungen in diesem Jahr: mäßiger, seitlicher Wind von vorne in den Fens NUR auf dem Hinweg, kein Regen, keine Kälte - auch nicht in Schottland, im Gegenteil, die Temperaturen lagen oft über 30 Grad und auf den letzten 400 km des Rückweges hatten wir gefühlt Rückenwind?!? Diese Bedingungen haben nicht nur uns gefreut, sondern auch zu einem leichten Anstieg der Finisher Quote im Vergleich zur letzten Austragung von 50 auf 60% geführt. 2017 zwangen wohl Regen und starker Gegenwind auf dem Rückweg einige zur Aufgabe.

Ein Teil bestand auch darin, dass wir als Zweierteam gestartet, gefahren und angekommen sind. Die erhofften positiven Effekte sind voll eingetreten, vor allem die mentale Unterstützung. Ohne sich wirklich gut zu kennen haben wir, ausgehend von einer vermuteten breiten Bases, schnell unsere Abläufe und unseren relaxten Umgang mit dem Brevet gefunden. Und uns eben nicht gegenseitig gebremst oder bei miesen Augenblicken runtergeschraubt, z.B. als bei einer Panne der zweimalige Schlauchwechsel über eine Stunde gedauert hat, weil der Mantel zu stramm auf der Felge saß. Dennoch gab es genug Individualität, ich sach nur Mittagsschläfchen, oder auch mal ein Teilstück alleine fahren.

Vom Ende her gesehen, waren wir schon müde, mit reichlich saddle pain ausgestattet und Beinen, die morgens immer länger brauchten, um sich willig in die (gefühlt?) harten Rampen des southbound zu schmeißen, aber sonst nix?!? Im Vergleich zu dem Körpergefühl nach PBP: Verspannungen, taube Finger, ein wenig instabiler Kreislauf sowie minimale Wasserein-lagerungen in den Beinen, waren wir (gefühlt ;) top fit! Dabei hat neben dem Schlaf wahrscheinlich auch die abwechslungsreichere Strecke geholfen. Weil die Landschaft meist viel kleinräumiger wechselte, hat sich keine Körperhaltung „eingebrannt.“ Auch an jeder Kontrolle ausgiebig zu essen, könnte ein Grund gewesen sein. Dabei half die im Startgeld inbegriffene Verpflegung, wobei das ja eine Milchmädchenrechnung ist. Doch so entwickelte sich schnell eine Routine! An jeder der 21 Kontrollpunkte, bei den 5 Übernachtungen auch zweimal/dreimal am Tag, sofort warm zu essen - zu welcher Tageszeit auch immer. Ok, einmal gab es zum Frühstück nur Corn Flakes und Toast und einer der zwei Toaster war defekt …

Die Strecke im Einzelnen als pdf

Tag 1 
Tag 2 
Tag 3  Tag 4  Tag 5  Apendix 
300 km 564 km 880 km 1134 km 1402 km 1520 km
1900 HM 4755 HM 7996 HM 10595 HM 12475 HM 13295 HM

 

Vorbereitung:

In der C-Zeit kam der Platz letztlich plötzlich. Der Kopf war bei PBP besser eingestellt, kein Wunder, mit gut 1,5 Jahren expliziter Vorbereitung und der Möglichkeit durch eigenes Tun bei meiner Premiere für diese Streckenlänge mitfahren zukönnen. Bei LEL, einer Lotterie, war ja lange unklar, ob es 22 überhaupt losgehen kann. Gut, dass wir die selbst organisierten Brevet Serien 20 & 21 gefahren sind, so sind wir nicht aus dem Trapp gekommen.

Die Überweisung mit dem angebotenen Wise-Tool, war super!

Die Kommunikation ist top: Mit der Bestätigung kam der nächste Termin zusammen mit den dann zu treffenden Entscheidungen, immer mit ausreichendem zeitlichen Vorlauf. Gegen Ende häuften sich dann doch die "letzten" Mails, weil es wohl noch einige Streckenänderungen wegen Bauarbeiten gab.

 

Geplante Taktik

Was sich im Folgenden logisch und passend liest, war ein ständiges Abwägen im Prozess. Rückblickend sind alle Entscheidungen Konsequenzen auf die Realität des arbeiten Müssens bis kurz vor und unmittelbar nach dem Event ausgerichtet gewesen, ohne dass uns das im Vorfeld so klar war. Daraus ergab sich dann schon fast zwangsläufig das zentrale Element unserer Taktik: Den Tag-Nacht-Rhythmus beibehalten! Nur so erschien es uns möglich, nicht zusätzliche Belastungen aufzubauen, vor allem, um kein schnell aufkommendes Schlafdefizit vor sich her schieben, dass einen am Ende einbrechen lassen kann. Dazu passte konsequenterweise exakt auch, die von uns bereits gebuchte Fähre! Lange Fahrzeit über Nacht mit Kabine.

Daraus ergibt sich dann: Jeden Tag werden wir ca. 300km fahren und jede Nacht nehmen wir eine ordentliche Mütze Schlaf mit.

Dazu passen die gleichmäßig verteilten Orte der Drop bags: Hassle (km 302), Brompten (km 567), Brompten (km 936), Hassel (km 1202). Nach jeder 300km Etappe Wechselsachen und Schlafzeugs griffbereit. Die kürzeren Etappen haben mehr, die längeren weniger Höhenmeter; Start - und Endetappe sind gleich.

Das heißt, wir werden absichtlich keinen Zeitvorsprung heraus fahren und müssen Eventualitäten durch gleichverteilte Belastung ausgleichen.

So der Plan - mal sehen, was kommt?!?

Was kam war Uwe, der Organisator der Weserbergland Randonneure mit einem Gespräch beim 200er, den wir zum Testwochenende für unser Team erkoren hatten. An- und Abreise mit dem Rad simulierten "fast" drei Tage LEL. Bei dem Gespräch wurde klar, Zeit rausholen und flexibel sein, dürfen wir nicht vernachlässigen.

Im Nachhinein: wir sind so gefahren, wie wir geplant haben ohne uns sklavisch an die Orte der Drop Bags als Schlafplätze zu halten.

Orga-Gedanken:

Wie fahren wir, .... der Eurozug nimmt zur Zeit keine Räder mit. Fliegen ist auf den ersten Blick die billigste Art zu reisen, aber ob das mit Rädern und viel Geraffel auch noch gilt; neben der Schlepperei und .... , Auto ist gemietet . . . . auch, weil wir um das Event fast keine Zeit haben und somit maximal flexibel sind - dennoch schade!

Wie kommen wir auf die Insel, .... zwei Fähren standen zur Auswahl, Calais - Dover und Hoeck van Holland - Harwich. Wir haben uns für die deutlich längere/teurere Überfahrt nach Harwich entschieden, weil wir so vor und nach dem Event weniger Auto fahren müssen und dafür mehr schlafen können. Auch wenn sich dadurch die gesamte Reisezeit verlängert: hin ausgeruht und zurück mit langer Unterbrechung erschien uns im Zusammenhang mit unseren Randbedingungen clever.

Wie schlafen wir, .... direkt neben dem Start in Davenant Foundation School, Chester Road, Loughton IG10 2LD gibt es einen Zeltplatz. Zelten war bei PBP ne gute Idee, vor allem durch das Zusammentreffen der Teilnehmer*innen. Wir bekommen einen eigenen Bereich! So im Nachhinein: kann mensch machen, muss mensch nicht machen. Ja, wir hatten Kontakt, aber Zelt stehen lassen war schon teuer für nix.

 

Das Brevet, Gedanken die wir uns gemacht haben:

Welche Unterschiede im Vergleich zu PBP gibt es, die für uns noch wichtig werden?

Kontrollen:

  • Drop Bags, dann muss weniger onbord sein, wo gescheit platzieren? Wir haben uns für Hassle und Brompton entschieden. Brompton der Ort, der am weitesten weg ist und auf Hin- und Rückweg durchfahren wird, Hassle halbiert die bis dahin und von da noch zu fahrende Strecke. Sie kommen erst zurück, wenn der Letzte im Ziel ist! Kein Problem, denn wir fahren erst am Morgen nach dem Zielschluss.

  • Vollverpflegung, aber es gibt evtl. auch mal für den Augenblick leer gefressene Büfetts . . . Im Nachhinein: haben wir nicht erlebt.

  • Schlafzeit nach Vorgabe, anscheinend ist es oft voll und dann wird die Schlafzeit begrenzt. Wo am sinnvollsten setzen oder frei flottierend nehmen was kommt? Im Nachhinein: wir haben das einmal erlebt. Wir haben aber Drop bags und schlafen auch entkoppelt, dann mussten die Sachen eben in die ansonsten leere Arschrakete.

 

Strecke/Wetter

Im Nachhinein: Es gab höchstens Probleme mit der Hitze, es war ein außergewöhnliches Jahr und mit anderen Bedingungen wäre es deutlich härter geworden.

Was uns umgetrieben hat:

  • Regen und Temperaturen, wobei kälter als die vier Grad hinter Brest wie 2019 auf dem Rückweg wird es wahrscheinlich nicht, könnte sich durch den Regen (Rainlegs und wasserdichte Handschuhe auf die Packliste) nur kälter anfühlen und vor allem mehr Kräfte zehren.

  • Wind, bei PBP 2019 hatten wir ca. 2/3 der Strecke zum Glück nicht so starken GEGENwind. Das hat Power gekostet, und das sag ich, wo mir Wind weniger ausmacht. Bei weatherspark klingt Der Wettervergleich so:

  Regen Wind Temperaturen
Orte Menge
[mm]
Wahrscheinlichkeit
August[%]
Richtung Stärke
[km/h]
Durchschnitt
[oC]
Tag / Nacht
Göttingen 46 25 W >> S> N = O 13 24 18-24 / 13-18
London 36 25 16 23 18-24 / 13-18
Edinburgh 60 31 17 19 13-18 / 7-13
  • Es sollte weniger Höhenmeter geben (Wunschdenken, war wohl nix), aber dafür ruppigere Steigungen, die dazu noch kumuliert sind, weil es in der Mitte Englands, relativ zu Beginn des Brevets, topfeben ist und sich die Steigungen deshalb vor allem auf einer 500km Spange um den nördlichen Wendepunkt Edinburgh sammeln. Die längsten Steigungen haben 600 HM am Stück. Wenn es keine Umleitung für Yad Moss gibt wie 2022, die nicht so lang dafür aber deutlich steiler war: max. 15 % auf dem Hinweg, ü 17% auf dem Rückweg.

 

Vergleich zu PBP, wenn die Zahlen stimmen:

 

PBP

 

 

 

Fazit, LEL ist härter von den Anforderungen her, ich denke, PBP wird härter = schneller gefahren. Ist LEL eher eine Radreise, dann ist PBP eher ein Langdistanz Radrennen - meine Meinung.

Equipment:

  • Stromversorgung, ein Adapter für GB Steckdose auf USB (Handy und Kamera) hat gereicht, weil Licht mit ND und Navi mit Batterien laufen, Reserven in Drop Bags.

  • Eine zweite Lampe soll in Schottland helfen, dann halt nachts die LedLenser wieder anbauen. Im Nachhinein, wir hatten Vollmond, da war kein zusatzlicht nötig, zumal wir nachts kaum gefahren sind.

  • Der Belag ist rau, neue 28er Conti 5000 Mantel sind pannenfrei durchgekommen, ich würde aber doch nen 32er wählen.

  • Auflieger für den Lenker? Konnte ich nicht mehr erproben, werde ich aber ausprobieren, als Entlastung für Hände und Hintern im Hinblick auf die nächste lange Tour.

  • Taschen: Ich hatte Oberrohrtasche, Frambag und Arschrakete, die größtenteils leer war dabei - auch wenn das gerade nicht so aussieht.

Auf Wunsch eines einzelnen Herrn ;) das Rad genauer:

Darf ich vorstellen, der graue Kondor*!

Es ist ein custom made Aufbau von meinem Radhändler, den Pedalrittern. Nach dem zu weichen, flexenden Titanrahmen wollte ich Carbon testen und wir haben die Sitzposition etwas nach vorne geschoben.

Die Gruppe ist die mechanische SRAM Force Gruppe vom Titanen (50:34 mit 11-34), denn es gab NIX NEUES auf dem Markt. Dazu semihydraulische Scheibenbremsen von TRP, High Road HY/RD. Die Laufräder mit Son ND sind mit DT Swiss Felgen und Speichen aufgebaut. Das Rad hat mich mit Steifigkeit und perfekter Bremsleistung überzeugt.

Ja, die Komforrahmengeometrie mit Spacern zu schaffen, hat mich auch überrascht und für nen Gravel Rahmen sind die Flaschenhalter nur mit Adapter Framebag tauglich. Ich liebe es noch nicht - Sloping, aber mein Vertrauen und meinen Respekt hat es sich schon verdient!

Ich bau auch wieder auf 32er um, das sieht harmonischer aus und macht eh nix. Was es wiegt? Ohne Firlefanz müssten es gut 8 kg sein.

 

*Mit einem Gewicht von bis zu 15 Kilogramm fliegt der Andenkondor bis zu fünf Stunden ununterbrochen, ohne mit den Flügeln zu schlagen. Wie schafft das ein so schwerer Vogel? Da ich das wusste, war die Namensgebungein Leichtes, Ähnlichkeiten mit realen Personen sind nicht zufällig, sondern unvermeidbar! Quelle

 

Was mensch nach LEL nicht mehr machen sollte, oder ... Atmosphärisches:

  • Mit getragenen Radklamotten ins Bett gehen, egal ob vorher noch geduscht oder nicht!

  • Einfach ein fremdes, benutztes Handtuch in der Umkleide verwenden, auch wenn das alle tun (müssen)!

  • Nur in Socken aufs Klo gehen, zumal OP-Überschuhe in der Gepäcktasche stecken!

  • Mehrmals am Tag warm Essen und zwar egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit!

  • Einen Whiskey vor der Ausfahrt trinken, Links zu fahren, …. !

  • Einfach in eine Schulkantine gehen und sich in die Schlange stellen!

  • Das geliebte Brevet Rad nachts einfach sorglos abzustellen und nicht abzuschließen!

 

Was anders machen

Ich hatte das Gefühl, Sitzbeschwerden waren am Ende unser aller Leid; also:

weiter Sättel ausprobieren, noch bessere Hygiene, Auflieger zur Entlastung testen!

Ein Handtuch mitnehmen, Flipflops organisieren, noch weniger Zeug mitnehmen.